die Not in der Wendigkeit

Immer habe ich es geliebt zu laufen, zu wandern und mir unbekannte wie liebgewonnene Umgebungen zu erschließen, vielleicht sogar Neues zu ergründen… meistens habe ich mich dann erstmal verlaufen, da doch schließlich hinter dieser oder jene Kurve noch irgendetwas kommen könnte, was mein Interesse erweckt…

seit meine Gehfähigkeit immer schlechter wird und vor einigen Jahren fast weggebrochen ist oder genauer im Laufe von einigen Jahren und immer mal wieder (mehr) rapide abbaut, ist aus der Lust zum wandern (wie aus so vielem inzwischen) eine Notwendigkeit erwachsen… und ich gebe zu, dass es Tage gibt, an denen es mir schwer fällt die Freude an meinen Freitzeitbeschäftigungen, die ja nun mehr Therapieprogrammen ähneln, nicht gänzlich zu verlieren…

oft genug fällt mit diese Entwicklung nicht gleich auf, denn ich sehe die Wichtigkeit dahinter und bin begeistert, dass da Dinge, die ich liebe nun auch da sind mir zu helfen und meine Eigenständigkeit zu erhalten beziehungsweise zu unterstützen… und es ist ungemein wichtig sich nicht die Freude nehmen zu lassen auch unter der Maßgabe, dass einiges schlicht nicht mehr so machbar ist, wie es ja doch immer ging…

und doch gibt es mir manchmal einen Stich zu sehen und einzusehen, dass das Leben nun so viel kleiner geworden ist… dass ich nicht mehr arbeiten kann und mir auch das Lernen immer schwerer fällt, dass ich oft genug „nein“ sagen muss, bin ich eingeladen (schon klar Pandemie – dass müssen wir gerade alle durch, aber ihr wisst sicher was ich meine) und ich könnte weiter ausholen mit all dem, aber will jetzt erstmal aufs Wandern hinaus…

etwas, das ich tatsächlich nicht mehr mag und entsprechend vergangenes Jahr auch unterlassen habe… das Wandern, das Gehen über eine längere Strecke… denn es tat weh, ich werde ataxisch – auch seit Jahren, aber es verschlechtert sich weiter…

der Witz ist, dass ich zum Ende des letzten Jahres tatsächlich recht gut joggen konnte und das über lange Strecken, aber eben nicht mehr gehen. Denn ich rannte, um das Gehen zu trainieren und habe dabei dieses unterlassen, wann immer es mir möglich war… und ich bin gerannt und ich bin gestolpert und vor allem nicht nur einmal schwer gestürzt… und doch bin ich gerannt mit Freude und steigender Ausdauer…

es ist wohl klar worauf das hinauslaufen wird… die Diskrepanz zwischen Laufen und Gehen war es was das Stürzen und Verletzen mit sich brachte… eine Erkenntnis, für die ich ernüchternd lange und eine verletzungsbedingte Zwangspause gebraucht habe…

und nun, um den Kreis endlich zu schließen… ich renne mittlerweile wieder, aber nur soweit wie ich auch gehen kann und beides trainiere ich jetzt in tandem, denn ich möchte meine Begeisterung fürs Wandern zurück…

ja es ist notwendig, so wie fast alles inzwischen… aus Freizeit wurde und wird Arbeit und aus Bekannten allzu Neues (ob man nun will oder nicht)… man muss wendig bleiben… doch das Müssen kann und möchte auch Freude sein und bleiben…

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ich sitze hier und sinne nach…

zur Zeit ist es etwas schwierig(er) mich zu konzentrieren, Worte zu finden, Sätze zu fügen, Gedanken zu kleiden…

manchmal inzwischen (vielleicht schon länger) kommt es vor, dass ich existiere wie im Vakuum – abgeschirmt und abgestumpft. mit der Außenwelt als fremdes Universum. gefüllt von zu lauten, grellen Geistern. die ich nicht erkenne. die mich nicht sehen.

und dann bleibt mir nur die Kunst… oder auch bloß Worte, welche Kunst sein könnten und nicht lediglich abgebrochene Gedankenfetzen eines vormals fast verstandenen Lebens…

es ist kein Jammern, kein Wehklagen, kein Nihilismus und niemals die Verbitterung, das Selbstmitleid… es ist was es ist… und eine Welt in neuen Farben, Formen und (un)Möglichkeiten…

und all das hat seine eigene Schönheit. von der ich nicht die Augen abwende. von der ich nicht mehr weiche, nie ausweiche. stets mit stolz gereckter Brust und erhobenen Hauptes…

auch wenn unverstanden. auch wenn belächelt. auch wenn manchmal allein… niemals einsam. nicht hilflos. noch weniger verzweifelt.

das Leben ein Werk. ein eigenes Werk.

wie ein Werk von Dali… wenn man so will

und wenn nun doch die Sonne lacht…

… so sitze ich im Schatten

Seit einigen Jahren (und es müssen mehrere sein, denn ich kann nicht Mal mehr sagen seit wann in etwa) habe ich grundsätzlich Schwierigkeiten mit der Regulierung meiner Körpertemperatur… nicht dass man diese unbedingt bewusst steuern könnte… aber es gibt vegetative Grundeinstellungen:

ist es zu kalt, so zittert man

ist es zu heiß, ja dann wird halt geschwitzt

und wie bei so vielen Kleinigkeiten, über die man nie nachzudenken braucht, da sie von alleine funktionieren, denkt man (also ich) fast nur noch über solche Sachen nach, wenn sie nicht mehr so ablaufen wie geplant…

will heißen: ich schwitze nicht mehr und das hat Folgen!

im ersten Sommer verbrannte ich fast (innerlich), drum lief ich stets mit einem Tuch herum, welches ich ständig benässte, mich abkühlte und wieder von vorn… das ging so gut wie man es sich vorstellen kann, aber es war eine Art Lösung… fürs erste

im zweiten Jahr fing ich dann an das zu tun, was ich bei allem mache, was sich nicht mehr von allein ergibt – ich experimentierte…

in einer Therme mit ner Freundin verbrachte ich Zeit in Aufgüssen, doch ich schwitzte nicht – ich fror irgendwann und zitterte…

dann hockte ich geraume Zeit im Kaltbecken, in dem ich auch die Kälte nicht spürte – ich verließ es als die Freundin mich schließlich darum bat…

dann rannte ich Runden, doch auch das brachte keinen Schweiß – der Kopf wurde nur hochrot…

was die Sache mit der Wärme zudem für mich erschwert, sind die Schmerzen – als würden meine Muskeln umklammert und festgehalten werden… ich ziehe mich wie durch blei und kann den unsichtbaren Angreifern nicht entkommen

der Sommer und ich sind keine Freunde mehr…

zum einen

zum anderen

ich habe eine unbeschreibliche Begeisterung für das Schwitzen entwickelt und freu mich nun über jede Schweißperle – was fragende Blicke auf mich zieht, ähnlich meiner Begeisterung nach dem „jetzt und hier“, denn auch das habe ich schon vor Jahre eingebüßt… dazu irgendwann Mal mehr

das ich auf die Hitze über Heizkörper im Winter mit ähnlichen Schmerzen reagiere, sei dahingestellt, denn das hat die gleichen Ursachen und somit auch bloß „Ausweichen“ und frieren als Taktik (was kaum eine Lösung ist)

mich unter der Dusche komplett runterzukühlen, ist im übrigen mein Todschlag-Argument und hat den Effekt, dass mein Körper irgendwann einsieht zu reagieren und so scheint es (und das Spiel wiederhole ich nun jährlich, da es von meinen Experimenten das ungefährlichste ist) das System auf „Null“ zu setzen – wie ein Neustart… es hilft und manchen Tag traut sich sogar eine Perle meinen Körper hinab

was allerdings auch hilft bzw. zumindest nicht schädlich ist, sind Lymphdrainagen… seit zwei Jahren bekomme ich diese wöchentlich und genau wie mir das Ausstreichen meiner Gliedmaßen seit Jahren gegen Schmerzattacken generell hilft, so ist es Balsam für die Seele und lässt mich, wenn nicht lachend durch den Sonnenschein rennen, so doch zumindest nicht immer nur im abgedunkelten Zimmer hocken…

auch gibt es die Termalsprays inzwischen für wenig Geld, welche mir die nassen Tücher ersetzen…

so nun da ich durch die Vorhänge den Tag erahnen kann, werde ich mich diesem stellen und mich an den Vögeln, den Blumen, der Frischluft erfreuen…

und ja ich habe mich zu dem Debakel auch kreativ ausgelassen

von der Unnachgiebigkeit

aufgeschlagene Knie, zerschnittene Finger, blaue Flecke überall… irgendwo darin steckt sicher der Anfang für eine Geschichte…

über das passende Genre könnte man vielleicht noch streiten…

da es ist was es ist – also eher Tagebucheintrag als Fiktion – bleibt es Anfang, Mitte, letzter Akt…

Teil einer Serie vielleicht…

denn zu joggen, Brot zu schneiden, sich durch die eigenen vier Wände zu bewegen und so fort, ist ja doch keine Einzigartigkeit im Lebensalltag oder eben in Geschichten…

so oder so – es gilt wie immer: Humor ist, wenn man trotzdem lacht und aufgeben keine Lösung und sicherlich ist völliger Stillstand nicht die Alternative, nach der man ja doch zuweilen sucht…

es wird aber vielleicht Zeit an Knieschützer zu denken, für die Brotmaschine fehlt leider der Platz und habe ich erwähnt, es ist das Bewegen in der Wohnung oder überall sonst, wo es Wände, Türen, Tische, Schränke, Stühle – sprich Hindernisse – gibt…

„Tagebuch“ gilt auch als eigenes Genre fällt mir gerade ein

sich erlauben Kraft zu schöpfen

Das Leben hat Kurven, Stolpersteine, Kanten, Mauerwerk, reißende Ströme, Berge und Löcher…

ich habe zwei Berufe gelernt, ein abgeschlossenes Bachelorstudium – den (gewechselten) Master in Arbeit und bin seit über drei Jahren berentet…

gerade sagte ich einen der neuen Kurse ab, obgleich das Semester kaum eine Woche alt ist, und fühle mich wie aufgeben…

und klar es ist das Wichtigste sich die Kräfte einzuteilen und Luft zu holen bevor diese einem ausgeht. Aber manchmal ist es eben schwierig…

bei jeder Entscheidung, die zu treffen ist, muss ich inzwischen die möglichen Schwierigkeiten mitbedenken und so oft genug einen Schritt zurückgehen nachdem ich zwei vorangeschritten bin…

es ist das Vernünftigste, aber nicht immer das Beste. Denn ich vermisse zuweilen meine Spontanität und die Freiheit loszulassen und in den Moment, das Leben einzutauchen… meine Arbeit als Tierpflegerin vermisse ich schrecklich, aber auch das Besuchen von Konzerten und Festivals oder eben einfach mal auszugehen… meine Familie länger zu besuchen, zählt inzwischen auch zur Kategorie „ist halt nicht drin oder nur unter Auflagen“…

manchmal kostet es Kraft, die mir oft fehlt und ich benötige Hilfe, obgleich ich immer selbstständig war und ich bleibe stumm, wenn ich doch schreien möchte und stehen, wo es doch ums Rennen geht…

trotz allem und das werde ich nie vergessen… ich bin glücklich und ich konnte so viele schöne, interessante, aufregende Sachen in meinem Leben erleben… es sind die besten Erinnerungen und ich bin für alles (auch das nicht so schöne) dankbar…

und bin es auch heute… denn ich schätze mich glücklich…

man muss auch mal anhalten, sauer sein, unzufrieden gar… nur niemals verbittert…

denn auch der Weg kann zum Ziel werden, wenn die Ziellinie selbst auch manchmal in weite Ferne rückt…

rennen nicht laufen

zu allererst: gebt acht auf euch und eure Lieben…

Nun zu etwas, an dem ich seit längerem sitze; da es immer wieder von neuem aufkommt zum einem und da ich gerade selbst mal wieder an der besten Taktik dafür arbeite zum anderen:

Ich habe im allgemeinen weniger Duchhaltevermögen als man mir zuschreibt und tendiere leider dazu Projekte schnell aufzugeben oder Einfälle gar nicht erst umzusetzen…

nicht weil es zu schwierig wäre oder ich schlicht die Lust verliere daran, sondern da mir nicht nur ein „Schweinehund“ im Nacken sitzt – nein eine ganze Sippschaft – und mir einredet, dass der Weg zu weit, die Hürde zu hoch, die Zeit eh längst vertan ist…

und somit bleibe ich zuweilen stehen, trete zurück oder laufe gar nicht erst los…

Und da ich schon immer so war und ja trotzdem nicht mein Leben zurückstellen wollte, habe ich mir Wege gesucht, um mit dieser meiner recht flatterhaften Grundhaltung und den zähnefletschenden „Schweinehunden“ im Rücken nicht nur umzugehen, sondern diese zu nutzen auch besser mit meiner Krankheit zu leben…

denn genau wie ich zurückschrecke, bin ich noch lieber aktiv und treibe mit dem Kopf voran in die nächste Aufgabe, das mögliche Projekt, die Herausforderung, das Abenteuer… mit zwei Herzen in der Brust und fünf Personen im Geist… ist recht laut manchmal…

(aber Spaß beiseite oder vielmehr dass was ich dafür halte)

ich funktioniere am besten unter der Schwere einer schier erdrückenden Aufgabe… und ich spreche nicht von sich selber unnötig Stress machen oder machen lassen… es geht darum mir Aufgaben zu stellen, die ich beenden muss, komme was da wolle (auch wenn ich im Feld stehe und der Weg nach Hause noch in weiter Ferne liegt) …

und wie alles was ich hier als Ratschlag in die Welt trage – es sind meine Erfahrungen und jeder muss für sich selbst einschätzen, was er oder sie mit diesen anfängt…

so nun endlich zum Text:

mir ist in den vergangenen zehn Jahren mehrfach die Fähigkeit sicher und ausdauernd zu laufen weggebrochen und was mir am besten hilft das wiederaufzubauen bzw. zurückzugewinnen, ist zu rennen oder im Harzer Wald zu wandern…

und wenn ich sage „rennen“, meine ich joggen und wenn ich jogge dann in einem Tempo, in welchem andere gehen – ich habe mir schon einige Male erfolgelose Rennen mit Spaziergängern geliefert 😉

aber es geht nicht um Schnelligkeit oder um Stil, sondern darum andere Muskeln und Nerven anzusprechen und auch das Gleichgewicht differenzierter zu trainieren als beim einfachen Gehen – es fällt mir wesentlich leichter, ich bin ausdauernder und das schlichte gehen, wird dadurch auch stabilierer… zumindest bis zum nächsten Einbruch, von welchem es sich dann auch wieder schneller aufbauen lässt…

um überhaupt wieder auf die Beine zu kommen, half (und an schlechten Tagen hilft) mir ein Rollator, aber ab dem Punkt da ich die Grundstabilität zurück habe und es um Ausdauer und Kraft geht und damit die Wegstrecken zu verlängern und das Laufen angenehmer zu gestalten, setze ich die zugegebenermaßen etwas extremere Trainingsstrategie ein und gestalte entsprechend auch meine Laufstrecken… diese sind vor vornherein länger als mein aktueller Ausdauerstand (und dabei laufe ich nicht mehrere kleine Runden, sondern nach Möglichkeit eine Großrunde – von wegen der „Schweinehunde“ – und arbeite mit Intervallen aus joggen, gehen, wenn nötig stehen bis es weitergeht). Ich kombiniere das Ganze dann natürlich noch mit regulärem Reha-Sport und Physiotherapie bzw. Lymphdrainagen, aber vor allem auch Pflege zu Hause und Yoga…

ich bin bemüht jeden Tag ein bisschen für das Training zu machen; so wird es weder zu viel noch zu einseitig und lässt sich in den Lebensalltag einflechten…

aber das sich neuen Herausforderungen stellen und darüber die eigenen Grenzen nicht nur auszuloten, sondern wenn möglich zu erweitern, ist etwas das mir im Umgang mit der Krankheit und dem Rudel „Schweinehunde“ hilft und stets geholfen hat…

es ist so wichtig sich unter den gegebenen Verhältnissen auch körperlich fit zu halten, nicht nur im Umgang mit einer chronischen Erkrankung…

was sein kann

Und noch immer versuche ich wach zu werden, wach zu sein, dass ich aktiv sein kann – mehr als für das Nötigste – nun endlich zumindest wieder für das Nötigste…

Es ist immer erschreckend, wenn sich die Gedanken wie Gummi ziehen oder zerfallen noch bevor ich sie begreifen kann und ich frage mich zuweilen, ob es nicht sinnvoller wäre einfach stehen zu bleiben, die Augen geschlossen zu halten, die Ohren verstopft…

so das ich zur Ruhe komme – nicht bloß zur Ruhe, mehr als das, nur… so wäre es beinahe ein Stillstand…

natürlich muss man sich Pausen gönnen, die Fatigue (ein Erschöpfungszustand, der seines gleichen sucht) lässt sich auch nicht einfach ignorieren und nur bedingt überspielen. Doch es fällt mir gerade immer schwerer darauf zu warten, dass sich der Schleier von alleine lüftet (dass ich für das Studium Zeit aufwenden muss, ist nur eine Sache, die untergeht dabei)…

ich weiß, dass es besser werden wird und ich nutze die gegebene Möglichkeiten (ich mache Sport so gut es geht, ich treffe mich zumindest ab und zu mit Freunden, ich gehe fast immer zu den diversen Therapien und Arztterminen… putze die Wohnung Stück für Stück, mache nötigste Einkäufe (wenn auch neue Kleidung mal wieder nicht verkehrt wäre) und lese ein wenig (hey gerade schreibe ich sogar :)…

kurz um: ich (er)lebe den Alltag, denn das ist wichtig und unter diesen Umständen eine Leistung für sich…

in der Reha wurde das stets betont und hier möchte ich das auch tun: das Leben mit einer Erkrankung wie der MS (oder auch jeder anderen Sache, die einen einschränkt) ist nicht immer einfach, oft genug nicht schön und in jedem Fall wird es nicht vergleichbar mit jedem anderen Leben…

alles was man erreicht (ja auch das Putzen der Wohnung oder Schnüren der Schuhe) ist ein Erfolg! Ich habe einige Zeit benötigt das zu verinnerlichen und in Zeiten wie diesen jetzt (wenn ich dank der Fatigue kaum die Augen aufhalten kann und um jedes Wort kämpfe) muss ich mir das selbst immer wieder aufs neue sagen…

denn so oft fühlt es sich nach zu wenig an…

nach es sollte doch aber…

und besonders

die anderen können das schließlich auch…

von

was hätte alles werden müssen… ganz zu schweigen

ich war vorhin spazieren, habe die Tage Gaze an die Fenster gebracht, ich erhole mich gerade von einem Eingriff und werde gleich mit Freunden telefonieren…

es sind gute Tage auch mit MS!

es ist das was man für sich daraus macht…

wenn ich dann wieder wach sein werde

Zurzeit ist noch immer schwierig, denn nicht allein, aber mit Kraft lastet die Fatigue auf mir…

das Leben zieht vorbei und grüßt bloß zwischendurch…

lässt sich wahrnehmen, sich anfühlen, sich mit anderen teilen – in Momenten dazwischen…

Gedanken zerfallen noch ehe diese zu Gedankengängen werden können, weit vor dem Aussprechen, längst vor der Handlung – mit Phäschen der Klarheit(für ganze Phasen reicht es kaum)…

und so vergesse ich Arzttermine, verpasse Therapien, verschlafe die Uni…

ich erkläre mich nur selten – meine (Um)welt hat Verständnis, obgleich sie es nicht versteht, aber sie weiß bescheid, zum Glück nun nach all den Jahren bescheid…

das Erwachen kommt bestimmt – das tut es immer…

schwierige Worte

Vor knapp 10 Jahren verließ ich etwas geschockt, aber noch vor jeglicher Sorge, den Folge-MRT-Termin, welcher damals klären sollte, weshalb ich nicht mehr fähig war schmerzfrei meine rechte Hand zu gebrauchen – alles was ich anzuheben versuchte, schien zu schwer und die Hand brannte, gleichzeitig war sie eiskalt. Man hatte „krankhafte Veränderungen des Rückenmarks“ in meinem Genick entdeckt, war aber außerstande die Ursachen dafür zu bestimmen; ich weiß noch wie der Radiologe, denn ich hatte den Grund für die Notwendkeit dieses Folgetermins akustisch und so auch sinnmäßig nicht richtig verstanden aus dem Beobachtungsraum geschossen kam und mich beinahe anfauchte, es könne so viele Gründe haben (diese Veränderungen im Rückenmark) „sogar Multiple Sklerose!“…

verunsichert machte ich mich nach der Untersuchung (zugfahrend) auf den Weg nach hause und rief meine Mutter an, gefasst wie gesagt, bis dahin: „Wir werden uns um dich kümmern… keine Sorge.“ meinte sie Mut machen wollend und voll elterlicher Fürsorge…

ich brach in Tränen aus…

während dieser Zugfahrt und immer wieder am folgenden Arbeitstag, wenn ich mich unter all den vor Mitgefühl weit aufgerissenen Augen und säuselnden Stimmen meiner Kollegen befand (es war ja bekannt und man merkte es mir an, dass es mir immer schlechter ging), drohten sie herauszubrechen; diese Tränen aus Angst vor dem Unbekannten, dem was sein könnte, diesem „Wir werden uns um dich kümmern… keine Sorge.“…

und ja, ich weiß, dass klingt unverständlich, im mindesten undankbar, dass ich so reagierte (heute zuweilen noch reagiere leider) unter diesen sehr ernstgemeinten Versprechen meiner Eltern, dem Mitleid, den so unbedingt Trost bringen wollenden Worten meiner Bekannten und Freunde… aber meine Angst, meine Wut, meine Verzweiflung und die Tränen kamen (kommen) vor dem Angesicht des Unklaren, des könnte-vielleicht-werden, des jetzt-ist-es-so-was-nun…

sie kamen und kommen von der Erkenntnis, dass es keine wirklich tröstenden Worte gibt, wenn man (ich) doch im Leben immer nur selbständig sein, für sich aus eigenen Kräften auskommen, eine Familien gründen wollte…

denn als nun meine Mutter damals voller Liebe meinte: „Wir werden uns um dich kümmern… keine Sorge.“ sah ich all diese (Lebens)Vorstellungen vor meinem geistigen Auge unwiederbringbar verschwinden und war entsetzt; mit einem Mal verängstigt ohne zu wissen (wirklich wissen zu können), was noch vor mir liegen würde…

und ich werde es nun noch einmal und sicherlich auch später noch viele Male betonen: ich bin glücklich und dankbar für all mein(e) Leben, die da waren und sicher noch kommen werden und es tat mir damals wie heute so leid, wenn ich unter meinen Tränen ungerecht geworden bin den Trost spenden wollenden Worten und Gesten gegenüber…

denn manchmal muss es einfach raus und nicht immer kann es kunstvoll sein, aber es hilft loszulassen und aus sich rauszukommen…

es hilft auch mal zu weinen und sich seine Schwächen einzugestehen, damit man diese erkennt und sich ihnen stellen kann – man muss darüber sprechen, sich selbst und anderen gegenüber ehrlich sein, um Hilfe bitten, sich in den Arm nehmen lassen…

auch wenn es schwer fällt und das wird es (tut es)…

dass es Menchen gibt, die versuchen zu trösten, obgleich deren Worte ab und an erst nur Tropfen auf zu heißen Steinen sind, ist was man (ich) immer zu schätzen weiß und was einem (mir) die Kraft gibt weiter zu machen auch im Angesicht des Unklaren und dem Es-hätte-doch-anders-sein-sollen…

und so ist das loslassen müssen, um aufgefangen werden zu können wieder eine dieser Lektionen, die zumindest ich stets wiederzuerlernen hab…

Schäfchenwolken hinter Glas

Es ist sonnig heut an diesem Januartag…

dieser Schein der Sonne gibt mir Kraft im Winter und leider Schmerzen im Sommer – ein zweischneidiges Schwert, so wie vieles inzwischen…

in diesen dunkleren Wintertagen habe ich seit einigen Jahren oft das Gefühl meine Energie würde auf Solarbetrieb laufen, nur der Speicher funktioniert leider noch nicht. Kaum geht sie unter die Sonne (oder verschwindet hinter der einen oder anderen Wolke), geht meine Kraft gen Null. Ich muss mehr als sitzen, ich brauche mit einem Mal Ruhe mehr als gute Worte und selbst die geliebte Musik ist zu viel und immer zu laut…

Fatigue wird es wohl sein (stärker eben als in den restlichen Jahreszeiten). Dieser extreme Erschöpfungszustand, welcher bald grundlos und stets überwältigend ist und ein häufiges Symptom der Multiplen Skerose…

Vitamin D hilft tatsächlich – der Nahrungszusatz statt dem Sonnenschein – denn ein allgemeiner Mangel gehört zum Standard bei MS-Patienten (das dieser mit ursächlich für die Erkrankung ist, wurde mittlerweile festgestellt). Das Vitamin in Kapselform meine Rettung an Uni-Tagen; das und der Verzicht auf Kurse nach 16Uhr…

etwas was mir wichtig war und ist – obgleich es auch immer mit einem gedämpften Gefühl geschieht – ist, dass ich mich an die Energie-Grenzen meines Körpers halte. Das Leben ist nun weitaus weniger spontan, aber ich kann die Ausflüge, das Studium, das Treffen mit Familie und Freundeskreis wesentlich mehr genießen, wenn ich dann auch einfach mal sage (sagen muss): „machts gut, war schön und bis zum nächsten Mal!“…

auch das musste ich lernen und meiner Umgebung beibringen (und es war und ist leider teilweise immernoch) ein sehr schwerer Schritt, denn es bedeutete ein allgemeines Einsehen das (m)eine Krankheit nun ein ständiger Begleiter geworden ist, welcher nach Aufmerksamkeit verlangt und aufschreit, wenn man ihn zu lange missachtet…

natürlich sollte eine Erkrankung nicht das Leben gestalten, aber sie wird es tun, wenn man sich nicht an ihren Grenzen orientieren lernt – und das habe ich einige Jahre erfolgreich unterlassen (können). Ab einem bestimmt Punkt (nur ab und an zuerst) brach dann alles zusammen und ich war zwar unter Menschen und bei tollen Gelegenheiten, sehr spontan, viel Musik, aber der Spaß daran war mir genommen…

jetzt ist der Lebenskreis kleiner und ich blicke mit genüsslicher Ernnerung auf meine (wilden) Tagen von früher – von vor ein paar Jahren noch – auf meine Erfahrungen, auf all das was inzwischen nur noch in Häbchen und mit Vorbereitung zu genießen geht…

und ich werde daran nicht mehr traurig, sondern erfreue mich an allem was da heute ist und was noch kommen möge…

und nun da es ein sonniger Tag ist, werde ich ein paar Schritte machen und den Piepmätzen lauschen…